Darf`s ein bisschen mehr sein?

Ein Audion mit der Senderöhre GU81

von Michael Zehetner


 

Radiobasteln kann man im kleinen oder großen Stil betreiben, diesen Satz muss man nur einfach wörtlich nehmen. Hier also der Empfänger für Erwachsene, Miniaturisierung war gestern, Big is beautiful !

 

Alles hat eigentlich damit angefangen, dass ich mal einen Audion Empfänger mit Originalröhren aus den 30iger Jahren aufbauen wollte. So mit schönen großen Röhren. Nach Durchsicht einiger Typen im Stil von EL 11, EF 6 beim Röhrenhändler kam dann schnell die Frage auf: Ja, gibt es da noch was größeres?

 

Ja, – es gibt ! Und zwar die aus russischer Fertigung stammende GU 81 M, original verpackt, mit neuwertiger Röhrenfassung gleich dazu, plus dem Hinweis: „Mit Niederspannung funktioniert die nie, die benötigt 3000 Volt Anodenspannung. Mal sehen, dachte ich, packte das Teil nebst Fassung ein, schnappte mir ein passendes Netzteil für die Heizspannung aus der Firma (12.6 Volt bei 10 Ampere sollten es schon sein)  und probierte den ersten Aufbau auf der Steckplatine. 

 

 

Mickymaus vor dem Mount Everest: GU 81 M im Größenvergleich mit EC 92. 450 Watt Anodenverlustleistung sollten für`s erste genügen.

 

Der provisorische Aufbau als Mittelwellen-Audion funktionierte auf Anhieb. Guter Empfang ist bei Anodenspannungen ab 10 Volt vorhanden, es geht aber auch ohne. Bei rund 100 Watt (!) Heizleistung, die ja irgendwo hin muss, finden anscheinend auch genügen Elektronen ohne angelegte Spannung ihren Weg zur Anode.

 

 

 

Der Schaltplan

 

Beim Aufbau auf ein festes Chassis ist klar, dass eine klassische, fingerspitzengroße Mittelwellenspule vom Typ 402 zwar gut funktioniert, aber optisch nicht zu so einer großen Röhre passt. Ferner sollten Rückkopplungsspule und Abstimmung über Drehkondensator fein justierbar sein. Der Aufbau der Empfangsspule erfolgt nach einiger Überlegung auf D = 110 mm PVC Lüftungsrohr mit 1.5 mm² Schaltlitze als Wicklung. Die Rückkopplung auf D = 90 mm PVC Rohr mit 1 mm² Litze. Als Antrieb für die Verstellung der Koppelspule dient ein Winkelgetriebe mit Gewindespindel in der Spulenmitte. Dies bedingt zwar einigen mechanischen Aufwand, lässt aber eine wirklich feine Einstellung zu.

 

In meinem Fundus hatte ich schon seit einiger Zeit einen Schiebekondensator, im Prinzip also ein zu groß geratener Tauchtrimmer. Ein richtiges Edelteil, wunderbar leicht und spielfrei auf einer Keramikachse beweglich, noch originalverpackt, vermutlich aus militärischem Bestand. Mit einem Spindelantrieb versehen, sehr fein einstellbar. Grobeinstellung über den obligatorischen Drehkondensator, Feinjustierung über Schiebekondensator.

 

 

 

 

Der elektronische Aufbau des Empfängers gestaltet sich unspektakulär. Der Kopfhörer ist direkt in die Anodenleitung geschaltet, dies ergibt maximale Lautstärke. Eine Antennenkoppelspule wurde zwar ursprünglich vorgesehen, bringt aber zuviel Empfindlichkeitsverlust, sodass die Antenne direkt an die Empfangsspule angekoppelt ist. Ich muss allerdings dazusagen, dass meine Antenne nur aus 5 m Draht an der Innenwand meines Arbeitszimmers besteht und mit einer vernünftigen Außenantenne deutlich bessere Ergebnisse erzielbar sein sollten.

 

 

 

Ansicht von unten mit montiertem Schiebekondensator und Spindelmechanik für die Spulenverstellung

 

 

Was ein wenig überrascht, ist der Umstand, dass die Gewindespindel und die Führungsstange der Rückkopplungsspule, obwohl aus nicht magnetischem Edelstahl scheinbar doch eine gewisse Dämpfung verursachen. Um dem entgegenzuwirken, befindet sich innerhalb der Rückkopplung noch eine Spule, die einseitig auf Masse gelegt, gegen das „Metall“ abschirmen soll. Diese Maßnahme verbessert den Empfang erheblich.

 

 

 

 

Über kurze Verbindungswege braucht man sich keine allzu großen Gedanken machen, die gibt es bei den Abmessungen der Bauteile ohnehin nicht

 

 

Noch ein Wort zur „inneren“ Sicherheit. Der Kopfhörer nach klassischer Audion-Anordnung in der Anodenleitung liegt bekanntlich unter Betriebsspannung. Bei einigen zehn Volt sicher kein Problem, man sollte aber nicht übertreiben. Im Internet trifft man immer wieder auf Berichte von Amateurfunkern, die sich mit defekten Kopfhörern in die „ewigen Jagdgründe“ befördert haben. Auch auf einen Koppelkondensator würde ich mich an dieser Stelle nicht verlassen. Einzig sichere Methode bei höheren Spannungen ist laut Literatur die Verwendung eines Übertragers. Diesen aber bitte mit Primär - und Sekundärwicklungen auf getrennten  Schenkeln!

 

Und dann ist der Radio fertig, inklusive romantischer Schummerbeleuchtung und Handwärmeinrichtung für kalte russische Winternächte. Der Empfang ist übrigens besser, wenn die Heizung nicht auf Nennleistung arbeitet, sondern auf 10 Volt begrenzt wird. Man erinnere sich an die Audions aus den Anfangstagen. Diese waren alle mit regelbarer Stromversorgung der direkt geheizten Kathoden (hat die GU – 81 auch) ausgerüstet.

 

 

 

Das fertige Gerät

 

 

Zum Schluss noch einige „Impressionen“:

 

 

 

Betriebsbereit angeschlossen

 

 

 

Auch als Nachttischleuchte nicht zu verachten

 

 

 

Empfang bei 805.6 kHz, Radio on 3

 

 

 

Das ganz dicke Ende: 10 Volt Heizung bei 8 Amper



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