Magnetische Resonanzspiele

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Wenn man in einem Kaufhaus eine Musik-CD oder einen Videofilm kauft, ist oft ein Diebstahlschutz-Label aufgeklebt. Da wird man natürlich neugierig, was ist da wohl drin? Man findet zwei sehr dünne Metallstreifen. Der kürzere besteht aus hartmagnetischem Stahl und kann mit einem Magneten permanent magnetisiert werden. Der zweite ist weichmagnetisch, ähnlich wie die Bleche in einem Trafokern. Also muss ein kleiner Trafo gebaut werden, um es genauer zu untersuchen. Die Doppelspule stammt aus einem Entstörfilter.

Eine der beiden Spulen wird an einen Sinusgenerator angeschlossen, die andere an ein Oszilloskop. Erste Beobachtung: Der Transformator funktioniert mit dem Eisenstreifen besser als ohne. Zweite Beobachtung: Wenn man die Frequenz langsam durchstimmt, findet man eine Resonanz bei ca. 60 kHz, eine zweie bei 120 kHz, eine dritte bei 180 kHz und weitere, schwächer ausgeprägte auch auf den höheren Vielfachen der Grundfrequenz. Aber diese Resonanz ist kaum noch zu finden, wenn der kürzere Streifen entfernt wird. Sie ist wieder da, wenn von außen ein Magnet angenähert wird. Durch Verändern des Abstands kann man die Resonanzfrequenz geringfügig verstimmen. Wenn man jedoch zu nahe kommt, verschwindet der Effekt ganz.

Das Verhalten des Metallstreifens weist auf eine mechanische Resonanz hin. Mit einer Vormagnetisierung gibt es einen magnetostriktiven Effekt: Das Eisen zieht sich mit steigendem Feld geringfügig zusammen. Ein Wechselfeld kann daher bei der Resonanzfrequenz eine mechanische Schwingung anregen. Umgekehrt erzeugt das schwingende Metall auch ein magnetisches Wechselfeld. Auf der Grundfrequenz muss es eine Lambda-Halbe-Resonanz sein. Da der Streifen eine Länge von ca. 3 cm hat, beträgt die Wellenlänge 6 cm. Die Schallgeschwindigkeit im Metall ist also ca. 3600 m/s.

Bei großer Schwingungsamplitude findet man deutliche Verzerrungen des Signals. Die Kurvenform lässt sich durch die Stärke der Magnetisierung und die Signalspannung beeinflussen. Offensichtlich gelangt der Streifen periodisch in die magnetische Sättigung. Ähnliche Verzerrungen wurden auch an NF-Übertragern gefunden. Hier kommt es aber anscheinend auch noch zu einer Anregung der mechanischen Resonanz bei 180 kHz, also mitten im Langwellenbereich. Deshalb wurde ein Radio neben den Versuch gestellt. Tatsächlich, der Metallstreifen sendet auf 180 kHz, wenn man ihn auf 60 kHz anregt. Und noch etwas ist zu hören: Bei großer Amplitude gerät der Streifen insgesamt in Bewegung und erzeugt ein schnarrendes, rasselndes Geräusch im Radio. Gleichzeitig kann es bei sorgfältiger Abstimmung vorkommen, dass der Streifen wie von Geisterhand geschoben aus der Spule rutscht.

Was andere schon aufgegeben
erwacht oft zu neuem Leben.
(Dietrich Drahtlos)

Der magnetische Resonanzstreifen könnte noch manchen guten Dienst leisten, z.B. bei der Stabilisierung eines Oszillators, in einem mechanischen Filter, als selektive Antenne oder bei der Frequenzvervielfachung. Und wenn die Frequenz nicht passt, wird er einfach gekürzt. Ich hab´s probiert, die Grundresonanz liegt jetzt bei 100 kHz.


Nachtrag: Metallisches Glas

David Palm wies darauf hin, dass einer der Streifen aus so genanntem "metallischem Glas" besteht. Das ist ein amorphes, also nicht-kristallines Metall, das bei extrem schneller Abkühlung entsteht. Mehr dazu: 
http://de.wikipedia.org/wiki/Metallisches_Glas
https://de.wikipedia.org/wiki/Warensicherungsetikett#Akustomagnetisches_Verfahren


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