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(c) P.Copper, Drahtlos

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2.3 Bedeutende Erfindungen

Wenn hier auch sehr viel von Misserfolgen, ja sogar Katastrophen des Ingenieurs die Rede ist, darf nicht übersehen werden, dass er einer der bedeutendsten Erfinder unserer Zeit ist. Obwohl der Name Drahtlos nicht sehr bekannt ist, kann man in zahlreichen Geräten des täglichen Lebens die Spuren seines Wirkens entdecken. Beispielsweise arbeitete er noch zu seiner Zeit in Schwaben an einer bedeutenden Verbesserung in der Elektromotorentechnik. Er versuchte eine ideale Synthese aus einem Drehstrom-Kurzschlussläufer und einem Kommutatormotor zu entwickeln, wobei beide Grundkonzepte ihre positiven Eigenschaften mit einbringen sollten. Das ganze lief darauf hinaus, dass bei einer leitenden Verbindung an den Kohlebürsten praktisch ein Asynchronmotor mit den entsprechend guten Eigenschaften bei konstanter Drehzahl arbeitete, während bei Reihen- oder Parallelschaltung des Ankers andere Drehzahlen, ein starkes Anlauf-Drehmoment und eine gewisse Regelbarkeit erzielt werden konnte. Der Motor wurde zum Patent angemeldet. Vor nicht allzu langer Zeit entdeckte ich genau diesen Motor in meiner Waschmaschine, als er zwei Wochen nach Ablauf der Garantiezeit ausgetauscht werden musste. Der Monteur meinte, da wäre nichts mehr zu machen, überließ mir aber den defekten Motor. Ich dachte zunächst an einen der üblichen Fehler des Ingenieurs Drahtlos, musste dann aber einsehen, dass dies ja zeitlich nicht stimmen konnte. Ein genaues Studium der Notizen ergab, dass er das Patent nach insgesamt zwölf Jahren nicht mehr halten konnte. Genau zwei Jahre später wurde die Erfindung zur Marktreife entwickelt und vor allem in Waschmaschinen eingebaut. Dass der Motor genau zwei Wochen nach Ablauf der Garantiezeit mit einem Isolationsfehler ausfiel, muss als eine besondere Leistung der Ingenieure der Herstellerfirma gewertet werden. Welche Firma das ist, kann ich hier natürlich nicht sagen. Wer legt sich schon gern mit Siemens an. Auf jeden Fall würde ich die Sache so beurteilen, dass Drahtlos um seinen gerechten Lohn für diese bedeutende Erfindung gebracht wurde.

Aufzeichnungen zu einem neuen Motor

Drahtlos war ein Spezialist auf dem Gebiet der keramischen Werkstoffe. Es war so etwas wie sein Hobby. Er arbeitete mit einem selbst gebauten Sinterofen für Temperaturen bis zu 2500 Grad. Normalerweise würde man annehmen, dass derartige Forschungen nur einem größeren Team in bedeutenden Forschungseinrichtungen möglich ist. Drahtlos schaffte aber allein, was in vielen Bereichen später die Technik revolutionieren sollte. Leider konnte er nur in ganz seltenen Fällen die Früchte seiner Arbeit ernten. Vielfach kam er einfach zu früh mit seinen Erfindungen, so dass noch kein ernsthafter Bedarf bestand. In anderen Fällen meldete er Patente an, was jedoch nur dazu führte, dass kurze Zeit später irgendeine große Firma das gleiche Patent noch einmal, aber mit ganz kleinen Änderungen anmeldete. Die Formulierung seines Patents war wohl nicht allgemein genug gehalten.

Geplante Anwendungen von Keramikwerkstoffen

Seine erste Erfindung war ein keramischer Werkstoff für Kondensatoren mit einem besonders großen Temperaturkoeffizienten. Generationen von Ingenieuren vor ihm hatten genau das gegenteilige Ziel verfolgt. Er jedoch erkannte, dass sich das Material optimal für Temperatursensoren eignen würde, eine Anwendung, die allerdings heute überwiegend in Vergessenheit geraten ist. Seine zweite Entwicklung führte zu einem Werkstoff mit sehr starken ferroelektrischen Eigenschaften. Man findet Anwendungen dieses Materials heute in Feuerzeugen und Gasanzündern, aber auch in Schwingungssensoren, Mikrofonen und keramischen Schallwandlern. Praktisch jede elektronische Musik-Grußkarte enthält an entscheidender Stelle die Keramik von Drahtlos. Weitergehende Untersuchungen der möglichen Anwendungen brachten ihn schließlich auf die Erfindung des Keramikresonators, der heute in fast allen Radios verwendet wird. Während zu seiner Zeit noch jedes Gerät mühselig abgeglichen werden musste, kommt der Zwischenfrequenzverstärker heute fast ganz ohne Abstimmarbeiten aus. Nicht zuletzt deshalb sind Radios heute wesentlich billiger und besser als damals. Und natürlich hat diese Technik auch Einzug in die Fernsehtechnik gehalten. Eine weitere bedeutende Entdeckung ist der dielektrische Resonator für höchste Frequenzen, eine Erfindung, die vor allem durch ihre Einfachheit besticht. Elektrische Resonatoren sind meist je nach Frequenz Schwingkreise, Hohlraum-Resonatoren, Streifenleitungen oder Drahtschleifen. Der Ingenieur aber erreichte die Resonanz drahtlos in einer kleinen Keramikscheibe mit einer besonders großen Dielektrizitätskonstanten. Man findet sie heute vor allem in Empfangsköpfen von Satellitenantennen. Diese Erfindung wurde ihm ausnahmsweise nicht gestohlen, sondern er verschenkte sie. Ein Mitarbeiter und Assistent, der einige Zeit bei ihm arbeitete, machte sich damit selbständig.

Erste Notizen zum dielektrischen Resonator


Technische Hinweise: Keramik und Resonatoren

Sie alle kennen Keramik in Form von Porzellan und Ton. Man formt einen Gegenstand aus einem weichen, mineralischen Material und brennt es bei hohen Temperaturen, bis es hart wird. Der Vorgang heißt auch "Sintern", er verbindet kleinste Teilchen miteinander. Es gibt zahlreiche Stoffe, die sich in dieser Form zu keramischen Werkstoffen machen lassen.

Sie kennen sicher auch die keramischen Isolatoren an Hochspannungsleitungen. Keramik leitet keinen Strom. Deshalb kann man solche Stoffe auch zur Isolation in Kondensatoren einsetzen, zum Teil mit den von Drahtlos entwickelten besonderen Eigenschaften (sie "fühlen" die Temperatur).

Hartes, keramisches Material kann wie eine Stimmgabel auf einer ganz bestimmten Frequenz schwingen. So entwickelte Drahtlos keramische Filter. Sie werden heute neben anderen Bauformen z.B. in schnurlosen Telefonen verwendet. Auf dem Foto vom Innenleben eines schnurlosen (man sollte vielleicht besser sagen "drahtlosen") Telefons sieht man verschiedene Typen von Filtern: Ein abstimmbares Schwingkreis-Spulenfilter (silbern mit Loch und Schraubenkern), Helixfilter (kupfern, eine Sonderform der Hohlraumresonatoren), Quarzfilter (silbern mit seitlichen Anschlüssen) und die von Drahtlos entwickelten Keramikfilter (im schwarzen Kunststoffgehäuse).

Das Foto zeigt auch mehrere winzige keramische Kondensatoren in Form kleiner, bräunlicher Quader mit Metallkappen. Der dielektrische Resonator wird in diesem Gerät nicht verwendet. Er würde aber auch nicht besonders auffallen: Ein kleine runde Scheibe, an deren Wänden elektrische Schwingungen reflektiert werden, wie die Schallwellen an den Wänden einer Kathedrale.


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