Röhrenradios in Holzgehäusen und Pralinenboxen
von Klaus Leder
Bruder Bolli bastelte vor vielen, vielen Jahren nach
Schaltplänen von Heinz Richter ein UKW-Vorsatzgerät und einen
NF-Verstärker. Auf 2 Alu-Chassis wurde alles stabil aufgebaut mit 4
Röhren, schwerem Trafo und einem abenteuerlichen Heizwiderstand. Dann
wurden Gehäuse entworfen und aus Sperrholz ausgesägt.
Der
Empfang war Klasse, wir konnten sogar den Polizeifunk mithören:
„Sofortiger Zugriff!“. Das war verboten und deshalb besonders spannend.
Aufgrund der Allstromschaltung musste man immer beachten, dass man den
Schukostecker nur in einer Richtung in die Steckdose einführte, denn
sonst stand das Chassis unter Spannung!
Und nicht nur das
Chassis. Eines Tages stand der von allen gefürchtete Hausmeister, ein
schwerer Mann mit Krückstock, in der Haustür und begehrte Einlass. Im
gesamten Mietshaus waren die Antennenanschlüsse plötzlich defekt und
alle Antennendosen mussten erneuert werden. Mein Bruder erklärte dem
aufgebrachten Mann physikalisch überzeugend, was Gewitterblitze
anrichten können und wie einwandfrei doch unsere Radios arbeiteten. Nur
aufgrund des soliden Aussehens der Gehäuse zog der gute Mann grummelnd
wieder ab. Damals war Experimentieren voller Spannung und gefährlich.
Röhrenradios in Pralinenboxen
Röhrenradios
sind heute selten und daher wertvoll. Vor allem dank des Autors B.
Kainka und des Franzis-Verlags erleben sie gegenwärtig eine Renaissance
bei Bastlern. Doch die ungefährlichen auf Steckboards aufgebauten
Schaltungen verstauben schnell. Für den Schuhkarton und die Bastelkiste
sind die silbrig schimmernden Röhren viel zu schön. Sie wollen gesehen
werden und bei Spannung rötlich glühen!
Auch die goldenen
Ferrero-Kugeln sind in ihren Acryl-Behältnissen schön anzusehen. Mit
Schokolade macht man sich überall beliebt, mit Röhrenschaltungen nicht
unbedingt. Deshalb raus mit den Kugeln und rein mit den Röhren. Das
wird auch eher von den Familienangehörigen akzeptiert, denn durch den
Schokoladengenuss sind sie ja am Auftunen der Röhrenradios beteiligt.
Die
kleinen Plexiglas-Boxen, gefüllt mit 2x4x2=16 köstlichen Kugeln, kann
man überall kaufen. Die flachen (3x5=15) und die großen Ferrero-Boxen
(3x5x2=30) bekommt man gegenwärtig auf Flughäfen oder in Supermärkten
in Österreich, Kroatien und der übrigen großen, weiten Welt und
natürlich im Internet. Die Löcher für die rotglühenden
Technik-Dinosaurier bohrt man mit Holzunterlage bei hoher Drehzahl mit
dünnen Bohrstiften vor, dann kann man mit einer Rundfeile die Öffnung
vorsichtig erweitern.
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