Wie
schreibt man ein gutes Fachbuch?
Ein kleiner Ratgeber für neue Autoren
Haben Sie auch schon einmal daran gedacht, ein Buch zu schreiben? Man
braucht dazu zuerst einmal ein Thema, mit dem man sich schon gut auskennt
und mit dem man bereits einige Erfahrungen hat. Ob die Berührung mit
diesem Thema beruflich oder im Hobby geschah, ist zweitrangig. Aber es
sollte ein Thema sein, von dem einigermaßen sicher ist, dass es viele
Leute interessiert. "Die grüne Laserdiode in der Insekten-Lichtschranke"
ist eher ein ungünstiges Thema, "Messen, Steuern und Regeln über
das Internet" eher ein gutes.
Außer einem guten Thema braucht man auch noch einen guten Verlag.
Die erste Wahl fällt meinst auf den Verlag, aus dem man die meisten
und besten Bücher kennt. Dorthin schickt man also sein Inhaltsverzeichnis
und vielleicht ein Probekapitel. Der Lektor des Verlags wird dann eine
Entscheidung treffen und vielleicht Änderungen vorschlagen. Wenn alles
gut läuft, wird ein Vertrag geschlossen und ein Termin verabredet.
Nach meiner Erfahrung ist es günstig, mehr als die Hälfte des
Buches fertig zu haben, bevor ein fester Termin gesetzt wird. Man kann
sich nämlich leicht verschätzen und in arge Terminprobleme kommen.
Ein Buch schreiben ist gar nicht so schwierig und die Veröffentlichung
keineswegs unwahrscheinlich, denn die Verlage suchen ständig neue
Autoren und gute Themen.
Damit es aber auch ein Buch wird, das Erfolg hat und vielen Leuten nützt,
sollte einiges beachtet werden:
- Der Autor sollte nicht von sich ausgehen (Was möchte ich loswerden?),
sondern vom Leser (Welche Informationen nützen dem Leser?). Es ist
hilfreich, sich seinen Leser persönlich vorzustellen. Ich stelle mir
oft vor, in welcher Situation jemand durch bestimmte Informationen eine
Menge Arbeit spart. Ein Buch soll nicht neuen Stress, sondern Erleichterung
bringen.
- Man muss sich genau im Klaren darüber sein, an wen sich das Buch
richtet. Ist es z.B. für den Hobbyanwender mit geringen Elektronikerfahrungen
und einigen Programmierkenntnissen gedacht? Wird handwerliches Geschick
vorausgesetzt, oder sollen nur fertige Geräte verwendet werden? Oder
richtet sich das Buch an den Softwarefreak, der zwar spielend mit C++ umgeht,
dessen Elektronikerfahrungen sich aber darauf beschränken, dass er
einmal mit Opas 100-Watt-Lötkolben eine Taschenlampe repariert hat?
Oder meint man vielleicht den alten Hasen der Elektronik, der allerdings
noch kaum Erfahrungen mit Computern hat?
- Ungünstig ist es, wenn ein Autor ganz einfache Dinge und sehr
schwierige Dinge mischt, ohne dass ein wirklicher Zusammenhang ersichtlich
ist. Die Auswahl wirkt dann zufällig, die Zielgruppe ist nicht klar.
Für den einen ist es zu einfach, für den anderen zu schwierig.
- Es ist auf der andern Seite günstig, nicht nur ein ganz bestimmtes
Niveau zu verwenden, sondern ein bestimmtes, klar abgegrenztes Band mit
einer gewissen Breite. Beispiel: Grundlagen der Elektronik werden vorausgesetzt
und nicht mehr erklärt. Das Buch beginnt aber mit sehr einfachen Schaltungen,
die sich problemlos verstehen und nachbauen lassen. Es wird dann immer
komplexer bis zum Einsatz digitaler Schaltkreise und von Mikrocontrollern.
Wenn nun ein Leser bis zur Hälfte gut mithalten konnte, wird er das
Buch mit einem guten Gefühl ins Regal stellen und den Rest vielleicht
für später aufheben.
- Ungünstig ist es, den Leser zu eng bei der Hand zu nehmen und
sehr kleinschrittig einen genau definierten Weg zu führen. Die Gefahr
besteht darin, den Lernfortschritt des Lesers auszubremsen. Er blättert
dann ungeduldig weiter und überliest genau die Stelle, die dem Autor
besonders wichtig war. Besser ist der Mut zur Lücke. Man kann z.B.
auf eine genaue Erklärung eines Programmablaufs verzichten, wenn der
Quelltext vollständig abgedruckt ist. Oder man erläutert nicht
jede Einzelheit einer Schaltung, sondern nur die grundlegende Funktion
und z.B. das wichtigste IC der Schaltung. Wer es genauer wissen will, muss
auch mal schärfer hinsehen.
- Rechnen Sie mit der Unwilligkeit des typischen Lesers, stundenlang
konzentriert längere Texte zu verschlingen. Beobachten Sie Ihren eigenen
Lesestil. Ich vermute, Sie blättern ein Buch in wenigen Minuten einmal
ganz durch, um dann zu entscheiden, wo es sich lohnt, genauer zu lesen.
Daraus folgt: Man sollte in sich abgeschlossene Projekte beschreiben. Das
Vorbild ist vielleicht ein gutes Kochbuch: Man kann ja einen Apfelkuchen
backen, ohne sich zuvor an der Pilzsuppe versucht zu haben. Bei einem Fachbuch
ist mehr als eine Seite reiner Text von Übel. Nach Möglichkeit
soll auf jeder Seite mindestens eine Zeichnung, ein Foto, eine Tabelle
oder ein Listing stehen. Überschriften, Bilder, Bildunterschriften
und Tabellen sind es, die den schnellen Überblick ermöglichen.
- Vermeiden Sie es, Projekte zu beschreiben, für die noch weitere
Informationen aus anderen Quellen nötig werden, also z.B. Informationen
aus einem Datenblatt, dass man sich erst besorgen soll oder eine bestimmte
spezielle Software. Ein Kapitel sollte immer in sich stehen. Es hat z.B.
eine Schaltung mit Beschreibung und dazu ein abgeschlossenes kleines Programm,
das im Quelltext vorhanden ist. Der Leser kann das Projekt ausprobieren,
auch wenn er noch nicht alles versteht. Es sind aber Informationen vorhanden,
um sich einzuarbeiten. Später kann er das Projekt vielleicht selbst
weiter ausbauen. Das Beispiel sollte möglichst einfach sein, so dass
es sich als Steinbruch für eigene Pläne eignet.
- Achten Sie immer auf den möglicherweise knappen Geldbeutel Ihres
Lesers. Verwenden Sie für Ihre Beispiele immer nach Möglichkeit
das einfachste und gut erhältliche Material. Vermeiden Sie teure Spezial-ICs
und aufwendige Software. Wenn Ihr Leser ein Buch für 25 Euro kauft
und dann erst entdeckt, dass nun noch eine Software für 1000 Euro
fällig wird, dann ist er vielleicht sauer.
Überschätzen Sie nicht die Chancen, mit dem ersten Buch gleich
reich und berühmt zu werden. Es ist eher ein mühsames Handwerk.
Vielleicht arbeiten Sie ein halbes oder ein ganzes Jahr lang in Ihrer Freizeit
an dem Manuskript. Dann dauert es noch ein halbes Jahr, bis es gedruckt
auf Ihrem Schreibtisch liegt. Die erste Auflage wird vielleicht in 2000
Exemplaren gedruckt. Wenn alles gut geht, ist die erste Auflage nach einem
Jahr verkauft und Sie können sich auf die zweite freuen. Wenn es aber
nicht so gut läuft, verkauft es sich vielleicht mühsam in drei
Jahren. Der härteste Schlag trifft Sie, wenn Sie Ihr Buch plötzlich
und unerwartet auf einem Wühltisch zum reduzierten Preis entdecken.
Wenn Sie dann Ihren Stundenlohn für die Arbeit an diesem Buch ausrechnen,
werden Sie vielleicht etwas nachdenklich.
Auf der anderen Seite haben Sie es im gewissen Rahmen selbst in der
Hand, ob die Arbeit sich lohnt. Vermeiden Sie ein Buch zu schreiben, das
nur Sie selbst gut finden. Überlegen Sie immer, was der Leser braucht.
Versuchen Sie mehrere Zielgruppen unter einen Hut zu bekommen, ohne dass
Ihr Thema zu allgemein wird. Achten Sie auch darauf, ob Ihr Thema gerade
im Trend liegt. Aber schreiben Sie nicht einfach ein Buch, das jeder hätte
schreiben können. Versuchen Sie Ihre ganz persönlichen Stärken
und Erfahrungen einzusetzen.
Wenn Sie übrigens eine Idee haben und sich noch nicht ganz sicher
sind, können Sie mich gern fragen. Dazu reicht eine kurze Mail mit
dem Arbeitstitel und einem vorläufigen Inhaltsverzeichnis. Ich kann
auch gern den Kontakt zu einem Verlag herstellen. Jedenfalls würde
ich mich freuen, noch einige neue und gute Bücher zu lesen. Themen
gibt es genug, nur die Autoren fehlen manchmal.
Burkhard Kainka
Literaturhinweis: Klaus Reinhardt, Vom Wissen zum Buch, Huber-Verlag 2008, Leseproben: www.vom-wissen-zum-buch.de/
Buchbesprechung in ELO Das Magazin