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Eine Kapazitätsdiode wie die BB112 ersetzt einen Drehkondensator. Die Kapazität der Sperrschicht ändert sich mit der Sperrspannung. Nur schade, dass AM-Kapazitätsdioden so schwer zu bekommen sind. Siemens hat sich aus dem Bereich zurückgezogen, aber im Fernen Osten ist das Thema noch aktuell.
Bei Toko in Japan gibt es alles was man braucht, allerdings nicht für jeden. Da müsste man schon Siemens oder Philips heißen und 100000 Stück anfragen. Für den Bastler bleibt oft nur das Ausbauen gebrauchter Teile. Denn wenn wir auch eine einzelne Diode nicht bekommen, eine Diode mit einer HiFi-Anlage drum herum verkauft man uns gern. Und da viele der modernen Anlagen nur noch eine Halbwertszeit von drei Jahren haben, besteht kein Mangel an modernstem Edelschrott.
Ist der Geldbeutel leer,
muss Edelschrott her.
(Dietrich Drahtlos)
Kürzlich bemerkte ich zufällig, wie mein Nachbar eine Dreifach-CD-Wechsler-Kompaktanlage von Aiwa entsorgen wollte. Moment mal, da muss man mich doch erst fragen! Es könnten ja wichtige Bauteile drin sein, z.B. Kapazitätsdioden. Und so war es auch. Wenn die Anlage einen Mittelwellenbereich hat und keine Drehkoabstimmung, sondern eine PLL, dann muss eine AM-Varicap drin sein. Allerdings ist sie gut versteckt, und zwar unter der Abdeckung der AM-Eingangs- und -Oszillatorspule (1). Drei weitere Doppeldioden im Transistorgehäuse (2...4) befinden sich im FM-Tuner.
Das Versteck für die AM-Abstimmdiode hatte ich gerade erst an einer anderen Schrottplatine entdeckt. Zuerst hatte ich verschiedene SMD-Bauteile ausgebaut und überprüft, aber ohne Erfolg. Dann keimte der Verdacht, und ich wollte den AM-Spulenblock auslöten. Aber das Teil widersetzte sich, und so half schließlich nur noch rohe Gewalt. Mit dem Seitenschneider wurde die Platine zerteilt. Und da fand sich tatsächlich eine kleine Tarnkappe nur für die Abstimmdiode im Transistorgehäuse. Warum machen die sowas, nur damit ich sie nicht finden soll? Vermutlich ist der Grund ein anderer: Toko baut u.a. Spulen, Kapazitätsdioden und Keramikfilter. Wenn man die richtigen Teile fest verbindet, braucht der Entwickler bei Aiwa nicht so lange überlegen, ob er Bauteile der Konkurrenz einsetzen soll. Jedenfalls war auch ein 456-kHz-Keramikfilter fest mit der zugehörigen Spule verbunden. Auf der Platine fand sich übrigens auch das PLL-IC LC7218, mit dem man prima etwas eigenes bauen könnte.
Die Kapazitätsdiode jedenfalls wurde erfolgreich ausgebaut. Kurz vor dem Schlachtfest habe ich die Anlage noch im Betrieb untersucht. Und da zeigte sich schon der Fortschritt. Die Abstimmspannung lag nur noch zwischen 1 V und 8 V. Am Anfang hat man meist bis zu 30 V verwendet. Um die Bauteile objektiv zu vergleichen, habe ich einen kleinen abgestimmten Oszillator gebaut. Mit zwei HF-Transistoren und einem Strom von nur rund 25 µA wird der Schwingkreis ganz schwach angeregt und kaum verstimmt. Am Emitterausgang wurde die Frequenz mit einem Oszilloskop bestimmt.
Der Oszillator hat ohne Drehko oder Kapazitätsdiode eine Frequenz von 18,5 MHz. Die parasitären Kapazitäten der Spule und der Transistoren liegen also bei ca. 8 pF, wie man mit dem kleinen Schwingkreis-Rechenprogramm bequem nachprüfen kann. Ein angeschlossener Drehko mit nominell 320 pF erbrachte einen Abstimmbereich von 2,6 MHz bis 12 MHz. Und hier die Ergebnisse für eine Häfte der ausgebauten Zweifach-AM-Abstimmdiode mit der Aufschrift "260 A82":
2,3MHz@1V (480 pF), 2,8MHz@2V, 3,4MHz@3V, 4,4MHz@4V, 5,4MHz@5V, 6,4MHz@6V, 7,6MHz@7V und 8,8MHz@8V (33 pF). Wenn man die Leerlaufkapazität der Schaltung mit 8 pF abzieht, ergibt sich ein Bereich von 25 pF bis 470 pF, also eine Variation von 18,8, die sich hinter keinem Drehko verstecken muss. An einer BB112 wurden fast genau die gleichen Daten gemessen wie bei der ausgebauten AM-Diode, also ebenfalls 25 pF bis 470 pF zwischen 8 V und 1 V.
Auf der Schrottplatine befanden sich ja auch noch drei FM-Abstimmdioden. Eine Hälfte der Doppeldiode "I203 M3" brachte folgende Ergebnisse: 6,5MHz@1V und 12 MHz@8V. Das entspricht einem Kapazitätsbereich von 10 pF bis 52 pF. Auch nicht schlecht, wenn man beide Seiten parallel schaltet, kann auch schon auf Kurwelle damit etwas anfangen.
Wenn es einmal ganz schlimm kommt und man überhaupt keine Kapazitätsdiode auftreiben kann, sollte man sich daran erinnern, dass jede Diode eine von der Sperrspannung abgängige Kapazität hat. Eine 1N4004 erbrachte einen Abstimmbereich von 12 MHz bis 14 MHz. (5 pF bis 10 pF). Eine rote LED brachte es auf 14 MHz bis 15,5 MHz (2,5 pF bis 5 pF). Und auch die inverse Diode eines VMOS-FET kann verwendet werden, wenn man Gate und Source als Anode verbindet und Drain als Kathode verwendet. Ein BUZ72 brachte es auf einen Abstimmbereich von 2,8 MHz bis 4 MHz, also 160 pF bei 8 V bis 330 pF bei 1 V.
Nachtrag: Die Dreifachdiode BB313
Die BB313 (Datenblatt) entspricht in ihren Daten drei einzelnen Kapazitätsdioden BB112. Dies wurde im Bereich 1 V bis 8 V durch Messungen bestätigt. Für besondere Anwendungen wie z.B. Vorkreise kann der Bereich auf 0 V bis 12 V ausgedehnt werden. Mit dem Testoszillator wurden dabei 1,8 MHz (800 pF) bis 10,4 MHz (16 pF) gemessen. Mit allen drei Dioden parallel wurde der Bereich 1,05 MHz bis 6,8 MHz überstrichen, also 48 pF bis 2400 pF! Die Diode eignet sich damit auch für Anwendungen im Längstwellenbereich.
Nachtrag: Messung von Induktivitäten
Michael Gaedtke hat das Messverfahren zur Bestimmung von Induktivitäten
abgewandelt. Als Messgerät dient dazu der PC mit seiner Soundkarte.
www.michaelgaedtke.de/
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