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(c) P.Copper, Drahtlos

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4.7 Alles nur ein Spaß?

Vierte Theorie: Drahtlos macht sich über uns lustig

Besonders die zweite Theorie von einem geglückten Experiment wird alle UFO-Gläubigen und Anhänger der esoterischen Physik erfreuen, denn supraleitende Magnetfahrzeuge waren genau das, was ihnen noch gefehlt hat. In diesen Kreisen ist es üblich, Theorien ohne hinreichende Begründungen aufzustellen und dann nach kurzer Zeit selbst daran zu glauben. Drahtlos hat sich gegen diese Geisteshaltung gewehrt und war immer ein erwiesener Rationalist. Auch ich bin wie er ein aufgeklärter Mensch und wehre mich immer dagegen, dass Aussagen in den Raum gestellt werden, für die es keine Beweise gibt. Genau dazu aber hat Drahtlos mich gebracht, weil er eine Spur legte, die zur zweiten Theorie führte. Allerdings glaube ich nicht an diese Erklärung, sondern ich stelle sie nur als Frage in den Raum.

Das wird mir aber nicht viel nutzen, denn viele meiner Fachkollegen werden sich darauf stürzen, Sätze aus dem Zusammenhang reißen und behaupten, ich vertrete absolut unseriöse Theorien. Letztlich kann mich dies meinen Ruf als ernstzunehmender Wissenschafts-Journalist kosten. Möglicherweise bekomme ich bald keine Aufträge mehr von seriösen Zeitschriften und werde statt dessen zu Fachvorträgen auf irgendwelche obskuren Ufologenkongresse eingeladen. Das wäre dann die eigentliche Katastrophe, die direkt auf Drahtlos zurückgeht, jedenfalls soweit ich betroffen bin.
Derweil ist der Herr Ingenieur Dietrich Drahtlos vielleicht noch einmal weiter nördlich gereist, hat ein völlig neues Leben begonnen und hütet jetzt eine Herde Schafe in der Lüneburger Heide. Er lacht sich dabei täglich krumm, weil Menschen wie ich auf seine fingierten Versuchsbeschreibungen hereingefallen sind. Wenn er dieses Buch liest, wird er wissen, dass seine Saat aufgegangen ist, und dass ich mich unsterblich blamiert habe. Er aber wird weiter seine Schafe hüten und das gute Wetter genießen.
Was mich auf diese Theorie gebracht hat, ist ein merkwürdiger Stilwechsel in den Aufzeichnungen. Immer geht es rational, begründet und genau zu, aber auf einmal finden sich Lücken, unklare Zeichnungen und Berechnungen, die eher Rätsel aufgeben, als etwas zu erklären. Vielleicht sah Drahtlos seine eigentliche Arbeit als beendet an und wollte zum Abschluss noch einmal einen kleinen Spaß machen. Vielleicht sollten wir alle die Opfer sein, weil er zuvor so oft das Opfer war. Oder er wollte allgemein ein Denkmal gegen die Leichtgläubigkeit setzen.
Was diese Theorie stützt ist die Tatsache, dass die fünf schwarzen Kladden so leicht zu finden waren. Als wären sie wie Köder ausgelegt, die ein gutgläubiger Mensch wie ich fressen sollte. Drahtlos hätte demnach schamlos mit meinem Interesse an seiner Arbeit gespielt. Ich müsste sogar ganz neu überlegen, welche Glaubwürdigkeit ich solchen Berichten wie denen über die Blitzversuche zumessen soll.
Was mich davon abhält, diese Theorie als die allein glaubwürdige zu akzeptieren, sind jene Tatsachen, die auch außerhalb der Notizbücher bezeugt sind. Dies sind insbesondere einige der schwereren Katastrophen, besonders aber die bei Widia und die Schließung der Brennelementefabrik in Hanau. Trotzdem könnte es sein, dass Drahtlos eine Geschichte um diese Katastrophen herum gesponnen hat, vielleicht weil es ihm einfach Spaß machte.
Ich fasse auch diese letzte Theorie zusammen: Drahtlos hat absichtlich eine falsche Spur gelegt, um sich einen Spaß mit uns zu machen.
Die Theorie erklärt allerdings auch nicht, warum gerade am Tag vor dem angeblichen Versuch der Unfall bei Widia geschah. Möglicherweise war dies aber einfach nur ein Zufall, dem man keine große Bedeutung zumessen sollte.


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