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(c) P.Copper, Drahtlos


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4.8 Proben vernichtet

Alle vier Theorien zum Verschwinden des Ingenieurs Dietrich Drahtlos haben etwas für sich, aber sie widersprechen sich gegenseitig in vielen Punkten. Man muss wohl feststellen, dass mit den vorhandenen Informationen eine endgültige Klärung unmöglich ist. Man kann also weiterhin nur spekulieren, was wirklich geschehen ist. Bei meinen Nachforschungen und den damit verbundenen Überlegungen ist mir aber die Bedeutung der letzen Erfindung des Ingenieurs Drahtlos erst richtig klar geworden. Das ganze hatte ganz eindeutig Dimensionen, die mich selbst zu einer verantworteten Entscheidung herausforderten. Was sollte ich mit den Aufzeichnungen und der einzigen vorhandenen Probe des hergestellten Supraleiters tun?

Mir war klar, dass alle großen Konzerne dieser Welt ein enormes Interesse an dieser Entwicklung haben mussten. Das Ganze war womöglich Milliarden wert. Sollte ich versuchen, einen Interessenten dafür zu finden? Nein, denn erstens gehörte mir die Entwicklung gar nicht, und zweitens kannte ich das eigentliche Herstellungsverfahren nicht. Außerdem wäre ich mit höchster Wahrscheinlichkeit in Interessenkonflikte geraten, denen ich nicht gewachsen bin. Ich wäre wahrscheinlich zwischen großen Firmen einfach aufgerieben worden. Selbst bei einem erheblichen finanziellen Gewinn wäre ich sicher niemals wieder glücklich geworden.
Ein kurzes Nachdenken über eine mögliche militärische Nutzung erbrachte allein zehn verschiedene Anwendungen, von denen jede allein ausgereicht hätte, mir alle Geheimdienste dieser Erde auf den Hals zu hetzen. Selbst wenn ich beispielsweise mit Krupp als dem ersten Hersteller der Supraleiter einig geworden wäre, hätten mir Hunderte von Spionen keine Ruhe mehr gelassen. Deshalb habe ich die Probe des Supraleiters und die letzen zehn Seiten der Aufzeichnungen des Ingenieurs Dietrich Drahtlos unwiederbringlich vernichtet.
Ich könnte es ja sogar verstehen, wenn einige Großkonzerne es als einen Akt der ausgleichenden Gerechtigkeit ansehen würden, irgendwelche Detektive zu mir zu schicken, damit sie wenigstens noch einen ganz kleinen Splitter des Supraleiters besorgen. Ich wende mich daher direkt an die Chefs dieser Firman und versichere ihnen: es hat keinen Zweck, Sie können es lassen. Die Keramikscheibe habe ich mit einem Schweißbrenner bis zur Weißglut erhitzt und dann in Wasser geworfen. Das Material wurde dabei spröde und konnte mit einem Hammer zerkleinert werden. Alle Reste habe ich dann in konzentrierter Schwefelsäure aufgelöst, was restlos gelang. Die Schwefelsäure habe ich mit einem ganzen Sack Zement abgebunden. Es entstand eine weiche, gipsartige Masse, die ich erneut pulverisierte. Dieses Pulver habe ich dann bei Hochwasser in der Höhe von Kettwig in die Ruhr gestreut. Alles dürfte inzwischen über die ganze Nordsee verteilt sein. Sie brauchen auch nicht hoffen, dass vielleicht ein kleiner Krümel des Materials danebengefallen ist und noch bei mir zu finden ist. Ich bin inzwischen umgezogen, das alte Haus wurde abgerissen, an seiner Stelle wurde ein Hochhaus errichtet.
Die fraglichen Seiten aus dem letzen Notizbuch habe ich übrigens einfach verbrannt und die Asche in die Mülltonne geworfen.


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